Aida Loos: „Ich rede auf Deutsch und denke auf Persisch.“
Austro-Iranerin Aida Loos, Schauspielerin und singende Comedienne, stieg am 8. April 2016 mit ihrem zweiten Solo-Kabarett „Achtung! Fertig! Loos!“ wieder in den Ring der LachmuskeltrainerInnen. Bei der Premiere anwesend: meine Wenigkeit als Berichterstatterin, Fotografin – all das als Witzeliebhaberin und ebenso Perserin.
Der Ehealltag, das Kinderkriegen, das Familienleben und zu guter Letzt die österreichische Politik werden von ihr frech und direkt thematisiert. Sie gibt ihren Safran zu allem, was nicht schmeckt, und verzaubert die langweiligen Speisen zu einem Mix aus Reis und Tafelspitz. Selber behauptet sie von sich: „Ich rede auf Deutsch und denke auf Persisch.“ Zartbesaitete und Gegner des schwarzen Humors sollten lieber der Show fernbleiben. Ein Mischmasch aus Klischees und Sarkasmus „mit scharf“ garantiert.
VORHANG, ÖFFNE DICH
Der Handlungsort dieser Geschichte ist das Theater Akzent, eine seit 1989 bestehende Bühne im 4. Wiener Gemeindebezirk Wieden (Theresianumgasse 18). Seit meiner Kindheit war ich nicht mehr dort, umso mehr freue ich mich, diese Erinnerungen wieder aufleben zu lassen. Die Bühne ist eher schlicht gehalten und beinhaltet lediglich eine große Leinwand, zwei Kinderautos in Rosa und Rot und ein Klavier. Die Protagonistin betritt die Bühne in einer schicken weißen Bluse und schwarzen, eleganten High-Cut-Shorts, abgerundet wird das Outfit mit ca. 10cm hohen Glitzer-High Heels, die sie „gemütlich von zu Hause bestellt“ hat. Bei der Einleitung sieht man Aida Loos die Nervosität nur leicht an, nach einigen Versprechern und Ausrutschern am unebenen Parkett schafft sie es jedoch geschickt, das Publikum im Glauben zu lassen, dass alles Teil der Show ist. Mit den Worten, ihre Kinder würden im verschlossenen Auto vor dem Theater schlafen, dass sie Kinder eigentlich nicht mag und sie während ihrer Schwangerschaft befürchtete, dass es hässliche, behaarte Kinder werden könnten, bei all dem kann sich schon mal der eine oder andere sensible Zuschauer angegriffen fühlen.
Auch Veganer, Personen mit bipolaren Störungen, zu stolze Eltern sowie Facebook-Liebhaber sind Opfer ihrer Satire. Meine Devise: Nicht alles ernst nehmen, sondern einfach fallen lassen und Kopfkino einschalten. Nachdem sie einen Tag im Leben einer Mutter mit zwei Kleinkindern geschildert hat, kommt schon die erste Gesangseinlage mit Klavierbegleitung von Johannes Glück, im Stil von Cissy Kraner. Die Nervosität übernimmt hier wiederum kurzzeitig das Ruder und lässt sie teilweise den Text vergessen, was Aida jedoch mit einer perfekten Darbietung am Ende ihres Auftrittes in der Zugabe mit einer Wiederholung gut und wett macht. Das Wort des Abends kommt jedoch aus der neuen Heimat der Schwechater Vorzeige-Perserin und trägt den Namen „Einflugschneise“. Was es bedeutet? Laut „Loos“ könnte es ein Insekt, ein AMS-Kurs, eine Speise aus dem China-Restaurant oder eine Sexstellung sein. Was mir persönlich am besten gefallen hat, waren die vielfältigen Wiener und Schwechater Rollenspiele, in die sie talentiert schlüpfen kann, die lustigen Grimassen und Bewegungen auf der Bühne und die Witze, die jeder Perser auf Anhieb verstehen wird. Mit ihrem lauten Organ schafft sie es, dass während der Vorstellung keiner, genau niemand ein Auge zumacht und die Lachtränen von selber zu kullern beginnen. Nach einer kurzen Pause geht die Show weiter.
Dr. Maria Vassilakou betritt den Raum, Gehhilfe in der Hand und eine stark glänzende Perücke inklusive. Diese schimpft über die Autos auf der Bühne, und während einer endlosen Videosequenz telefoniert sie mit dem etwas zu oft in der Sonne gelegenen HC Strache auf Ibiza. Dieser zeigt, wie er sich Integration vorstellt, und damit eröffnet er den Weg für den bärtigen Ausländer Hassan, der herumtanzt, herumblödelt und zeigt, wie sehr er „intigrirt“. Die Pointe all dessen scheint zu sein, dass sich die Grün-Politikerin am Ende einen autofreien Gürtel von Bürgermeister Häupl wünscht. Alle Rollen werden von der Kabarettistin gespielt und gemimt, was dem Zuschauer einen Einblick in ihre Schauspielfähigkeiten gibt. Am Ende wird es etwas ernster, endlich spricht jemand das zwanghafte Verhalten vieler Zeitgenossen an. Die Menschen würden sich alles nur noch durch den Bildschirm ihrer Handys anschauen, um es nachher nicht nochmal selber zu sehen, sondern um ihre Facebook-Freunde dazu zu zwingen, es zu tun. Diese wiederum sehen zwar das Video, aber keiner interessiert sich für den Inhalt – „man könnte genauso gut am Anfang sein Kind filmen und dann etwas Ekelhaftes“ – und trotzdem wären immer noch die Kommentare wie „Aww, wie süß“, nur um im Gegensatz auch einen Kommentar zu ergattern. Auch die glücklichen und perfekten Familienbilder werden auf die Schaufel genommen: „Mein Expertentipp zum Thema „Kekse backen mit Kindern“ ist: Backen Sie keine Kekse mit Ihren Kindern“. Meiner Meinung nach ein perfekter Abschluss, in dem sie Ernsthaftigkeit mit Humor mischt. Eine Frau, eine Botschaft.
VORHANG ZU
Alles in allem ein gelungener, lustiger Abend, der dadurch abgerundet wurde, dass sich Aida Loos nach ihrem Auftritt noch Zeit für ihre Fans nahm. Unter ihren prominenten Gästen befanden sich auch unter anderem Schauspielkollege Morteza Tavakoli („Schnell ermittelt“), Radiokollege Alex Scheurer, der renommierte Fotograf Heinz Stephan Tesarek, Samy Molcho und Helmut Vavra von Heilbutt und Rosen.
KÜNSTLER-WEBSITE: www.aidaloos.com
LOCATION-WEBSITE: www.akzent.at
21.04.2016 „ACHTUNG! FERTIG! LOOS!“, LoosHaus Karten gibt’s hier
25.05.2016 „ACHTUNG! FERTIG! LOOS!“, Sommerakademie Motten Karten gibt’s hier
04.06.2016 „ACHTUNG! FERTIG! LOOS!“, Kulisse Karten gibt’s hier
26.09.2016 „ACHTUNG! FERTIG! LOOS!“, Kulisse Karten gibt’s hier
27.10.2016 „ACHTUNG! FERTIG! LOOS!“, Rothneusiedlerhof Karten gibt’s hier