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Ein tragisch-komisches Verhörspiel zum Thema Terror und Überwachung, ganz im Stil von „High Noon“,“24“ und „Person of Interest.“

Bei der Uraufführung von Daniel Kehlmanns neuestem Verhörspiel „Heilig Abend“ spendete das Premierenpublikum des Wiener Josefstadttheaters Donnerstagabend begeisterten Applaus. Den Schauspielern hat das Spiel in der Glasbox sichtlich einiges abverlangt. Man hätte Maria Köstlinger am liebsten ein großes Glas Wasser gereicht. Schauplatz ist ein beklemmend trostloser Verhörraum aus Glas mit angebundenem Überwachungszimmer. Ein täuschend echt wirkender Server blinkt einem da entgegen.

Zeit: Heilig Abend. Thema: Ein Verhör zwischen dem möchtegern-intellektuellen Kommissar Thomas und der verdächtigten Philosophieprofessorin Judith, welches buchstäblich gegen die Zeit arbeitet, denn angeblich soll sie und ihr Ex Mann zu Mitternacht eine Bombe hochgehen lassen. Die mutmaßliche „Terroristin“ und Professorin aus besserem Hause (Maria Köstlinger) wird an Heilig Abend im Taxi zu ihren Eltern von der Polizei aufgegriffen und nicht ganz freiwillig in einen gläsernen Verhörraum gebracht. Es ist 22:30. Tick Tack. Anfangs hat man noch Mitleid mit der armen Frau, besonders nach den machohaften Angriffen des zutiefst unsicheren Kommissars, (köstlich: Bernhard Schir), der zwischen „guter Bulle – böser Bulle“ (ganz in gekonnter Föttinger Manier) hin-und-her-driftet.

Bald jedoch merkt man, dass diese selbstbewusste Frau keines Mitleides bedarf. Sie weiß sich gekonnt verbal zu wehren, mehr noch, sie degradiert ihren cowboy-bestiefelten Verhörer förmlich auf eine Intelligenz- und Gesellschaftsstufe weit unter der ihren. Und schützt gekonnt ihren Ex Mann, den man bereits seit beinahe 24 Stunden festhält. Aussage gegen Aussage, dann winkt die Freiheit. Auf des Kommissars Frage, ob sie sich denn auch unter anderen Umständen kennengelernt hätten, schleudert ihm Judith emotionslos eine Demütigung nach der anderen ins Gesicht.

Das Bühnenbild von Walter Vogelweider gibt gute Einblicke in unseren düsteren Überwachungsstaat. Man fragt sich unwillkürlich: „Kann mir das auch passieren?“ Triste Betonwände, in gleisendes Neonlicht getaucht, Überwachungskameras, die jedoch gerade „out of order“ seien. Denn es sei ja immerhin Heilig Abend und da habe das IT-Team frei. Man muss fast schmunzeln so tragisch ist es. Und fühlt sich fast ein wenig schuldig ob seines Voyeurismus, als Blicke man in die etwaigen Abgründe einer Seele, die einem schonungslos in einem trostlos wirkenden Schaufenster präsentiert werden.

Josefstadtdirektor Herbert Föttinger hat gekonnt einen kurzen Einblick in ein System gegeben, welches prophylaktisch alles überwacht und verhaftet, was verdächtig und staatsfeindlich ist. Er hat mit Kehlmann´s Worten, politisch Aktuelles ohne den berühmten Zeigefinger umgesetzt.

Zuletzt, um „23:59“, nachdem Judith das Verhörspiel gekonnt gedreht hat, bekommt man dann doch noch ein wenig Herzrasen und fragt sich: geht die Bombe jetzt hoch? Prädikat: Sehenswert!

REGIE: Herbert Föttinger
BÜHNENBILD: Walter Vogelweider
KOSTÜME: Birgit Hutter
DRAMATURGIE: Ulrike Zemme
LICHT: Emmerich Steigberger

DANIEL KEHLMANN ÜBER SEIN STÜCK
„Seit meiner Kindheit habe ich „High Noon“ geliebt, und zwar nicht so sehr wegen Gary Cooper oder der Revolverduelle, ja nicht einmal wegen Grace Kelly, sondern wegen der Uhr. Am Anfang sieht man da die Uhrzeit, man weiß, dass zur Mittagsstunde die Mörder kommen werden, und von da an zählt man die Sekunden und folgt dem Sheriff bei seiner vergeblichen Suche nach Bundesgenossen. „High Noon“ ist einer der wenigen perfekten Filme – nicht zuletzt weil er in Echtzeit stattfindet, weil in ihm die erzählte Zeit und die Zeit, in der der Film selbst vergeht, auf die Sekunde identisch sind.

So etwas wollte ich auch machen, immer schon. Das war der eine Antrieb zu Heilig Abend: die Idee von einer Uhr an der Wand, deren Zeiger sich auf den entscheidenden Moment zu bewegen, offen und groß, im Blickfeld der Bühnenfiguren wie des Publikums. Der andere Antrieb, das war meine Verblüffung über die Dinge, die Edward Snowden aufgedeckt hatte: das Ausmaß der staatlichen Überwachung in der elektronischen Welt, die Willkür der Geheimdienste, die Möglichkeit der Polizei, unsere Leben in einem Ausmaß zu beobachten, wie wir es uns früher nicht hätten vorstellen können. Also schrieb ich zum ersten Mal etwas im weitesten Sinn Aktuelles, ein Stück, das auf die Ereignisse in den Schlagzeilen reagieren sollte – wenn auch auf eine verschobene, gewissermaßen spiegelver-kehrte Art.
Aber wichtiger noch: Ich wollte die Reduktion auf die Grundsubstanz des Theaters. Ein Konflikt zwischen zwei Menschen. Eine Gefahr, eine Ermittlung. Und die wie immer zu schnell vergehende Zeit.“

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