SCHiCK im INTERVIEW mit JOSEF HADER
Josef Hader gibt mit seinem neuen Film „Wilde Maus“ sein Regiedebut. SCHICK traf den König des heimischen Humors zu einem Interview im Rüdigerhof und gibt euch einen kleinen Vorgeschmack auf diesen äußerst sehenswerten Film.
Grundsympathisch ist er, der König der heimischen Kabarett-und Filmszene. Ein geerdeter, der niemals schmähstad´ ist. Der seine Urberufung im Kabarett sieht, der gern unabhängig ist und uns sehr persönliche Einblicke in sein Leben als Filmemacher gibt. In „Wilde Maus“ spielt Josef Hader den fünfzigjährigen Musikkritiker Georg, der seinen langjährigen Job bei einer Wiener Zeitung verliert, es aus Scham jedoch seiner Frau Johanna verheimlicht, die mit 42 Jahren doch noch ein Kind von ihm will. So startet er sowohl einen Rachefeldzug gegen seinen ehemaligen Chef, wie auch die Restauration einer Achterbahn namens Wilde Maus im Wiener Prater mit dem ebenfalls arbeitslosen, ehemaligen Mitschüler Erich.
SCHICK: Gratulation zu Ihrem neuen Film, „WILDE MAUS“, bei dem Sie das Buch geschrieben haben, Regie geführt und selber gespielt haben. Wann und wo ist denn die Idee zum Film entstanden?
HADER: Das war in einem Sommer, wo ich frei hatte. Ich hatte deswegen frei, weil ein Film abgelehnt worden ist, den Wolfgang Murnberger und ich eingereicht haben und ich hab´ mir gedacht, das ist sowas wie geschenkte Zeit, da könntest du jetzt ganz ein eigenes Drehbuch schreiben. Die Grundidee war: ein Mann verliert seine Arbeit und wehrt sich, verletzt so die Grenzen des Legalen.
SCHICK: Also ein kleiner Rachefeldzug?
HADER: Ja, aber für mich war wichtig, dass er so ganz zaghaft die Grenze verschiebt, dorthin wo´s nicht mehr lustig ist und wo es auch gefährlich wird, dass man die Polizei plötzlich vor der Türe hat. Irgendwie hab ich mir gedacht, das ist für eine Komödie ein interessantes Thema und zweitens ist das beim Schreiben so spannend, weil man eigentlich sich selbst als Modell hernehmen kann, und sich überlegen kann, wie weit, wenn du sowas machen würdest, wie weit würdest du geh´n….ich würde sowas nie machen, nie….
SCHICK: Nie?
HADER: Nein, nie!
SCHICK: Das heißt, Sie sind kein rachsüchtiger Mensch?
HADER: Na, doch, aber ich schluck das lieber runter weil ich mir denk, das ist mir der Trottel doch nicht wert, ich geh doch für den nicht ins Gefängnis.
SCHICK: Aber ist das gesund wenn man es runterschluckt oder gibt es da andere Möglichkeiten Rache zu nehmen?
HADER: Runterschlucken ist das falsche Wort, es ist eher so wie eine Türe, die man absperrt und den Schlüssel danach weghaut. Das heißt, wenn ich jemanden so wenig leiden kann, dass ich Rache üben möchte, was ja ganz selten in meinem Leben vorkommt, dann sperr ich den zu wie ein Zimmer und hau den Schlüssel weg, den gibt´s dann nicht mehr für mich.
SCHICK: Weil wir gerade bei den Grenzen sind: wann ist es nicht mehr ganz legal?
HADER: Also eigentlich beginnt es von Anfang an…..also wenn man ein Auto zerkratzt….-ich hab noch nie in meinem Leben ein Auto zerkratzt-, wirklich, beginnt es eigentlich schon nicht mehr ganz legal zu sein und du musst schon Angst haben, dass dich irgendwer beobachtet, dass dich irgendwer anzeigt. Ja, man kommt noch nicht ins Gefängnis, aber man hat schon Schwierigkeiten. Und irgendwie war´s spannend beim Schreiben zu überlegen, wie weit würdest du gehen, wie würdest du das tun? Du würdest irgendwas mitten in der Nacht machen, wo alle schlafen, du würdest gleich wegrennen wieder wie ein Has´. Die eigene Feigheit kann man wunderbar benutzen.
SCHICK: Gibt es etwas, vielleicht in der Schulzeit, was Sie jemandem angetan haben und was schon nicht mehr ganz an der Grenze des Legalen war? Oder einem Kollegen in der Branche?
HADER: MIR wurde angetan! Ich lege Wert drauf, dass mir in der Schulzeit was angetan wurde und nicht, dass ich jemandem was angetan habe. Mir wurde das Gewand gestohlen nach dem Duschen und ich bin nackert in der Dusche festgesessen, mir wurde Wasser ins Bett geschüttet, während ich geschlafen hab, lauter so Internatsspäße, also das war alles an der Grenze des Legalen, aber ich selber war….
SCHICK: Besonnen?
HADER: Na, feig! Wahrscheinlich zu feig!
SCHICK: Können Sie sich denn an ihre allererste Achterbahnfahrt erinnern?
HADER: Ich glaub, dass ich Achterbahn erst gefahren wie ich Student in Wien war, vorher hat es schon als Kind so Ringelspiel auf so verschiedenen Volksfesten und Kirtagen gegeben, aber nix Wildes.
SCHICK: Haben Sie sich danach schon mal übergeben?
HADER: Na, übergeben nicht. Speiben hab´ ich schon müssen in meinem Leben aber nie nach einer Achterbahnfahrt.
SCHICK: Ich stelle mir das sehr schwierig vor: das Buch schreiben, Regie führen und auch noch selber spielen. Das machen ganz große Stars in Hollywood. Gibt´s da Vorteile? Nachteile? Ist das nicht auch ein enormer psychischer Stress?
HADER: Es IST ein Stress und es macht gleichzeitig großen Spaß, da bin ich erst nacher draufgekommen. Der ausschlaggebende Grund war einfach, dass ich draufgekommen bin- nach einigen Filmen- wo ich immer so halb mitgemischt habe, d.h. relativ viel am Drehbuch geschrieben, immer wieder auch mitarbeiten durfte, auch bei Regieentscheidungen, einfach Lust gehabt hab herauszufinden, was passiert wenn ich das selber mach. Und ich hab mir gedacht, wenn ich als Drehbuchautor schon eine gewisse Erfahrung hab, auch in der Umsetzung eine gewisse Erfahrung, dann kann ich mir ja als Drehbuchautor einen Film schreiben, der nicht so schwer zu inszenieren ist. Das heißt ich hab´ beim Schreiben schon daran gedacht, wie man´s dem Regisseur leichter machen kann. Es gibt keine großen Massenszenen, keine kleinen Kinder, was ist sonst noch schwierig im Film? Tiere…also all die Dinge wo ich gemerkt hab, die sind schwer zu handeln. Und ich hab versucht das sehr schwungvoll, in einem guten Rhythmus aber mit sehr vielen zweier/dreier Szenen abzuhandeln, was einfach viel leichter zu inszenieren und zu filmen ist.
SCHICK: Der Film hat eine sehr schöne, fast schon malerische Bildsprache. Tolle Bilder, die sich einprägen in den Kopf. Hat man die schon während des Schreibens oder entwickelt sich das erst?
HADER: Das entwickelt sich. Zum Beispiel hab ich mir beim Drehbuch schon gedacht, der läuft durch den Wald, die Zweige schlagen ihm auf die Schulter-katholisch, ned-(lacht) und er erlebt da eine Katharsis und läuft da über eine Wiese….ich hab immer eine Totale im Kopf gehabt wo er ganz klein über die Bilddiagonale rennt und die Bauern hinter ihm her, das heißt, es gibt bestimmte Bilder, die stellt man sich vor und andere, die kommen dazu, in der Diskussion mit den Kameraleuten und wieder andere die kommen dazu wenn man dort ist und die Szenerie sieht. Da haben die Kameraleute auch sehr, sehr viel dazu beigetragen, weil ich am Set zum Beispiel sicher viel mehr mit der schauspielerischen Seite beschäftigt war und ich ja mit den Kameraleuten eine lange Vorbereitung gemacht habe, wo wir uns sehr gut abgestimmt haben, aber beim Dreh sie auch viele Entscheidungen selbst getroffen und mir angeboten haben. Davon hab´ ich sehr profitiert und vieles von dem, was an schönen Bildern drinnen ist, kommt von diesen jungen, großartigen zwei Kameramännern.
SCHICK: Also ist es für Sie, nach Fertigstellung des Films, schon sehr nahe an dem, was Sie sich ursprünglich vorgestellt haben?
HADER: Es ist anders. Es ist so, dass man beim Schreiben langsam immer mehr draufkommt, wie man sich´s vorstellt. Und man hat dann eine Vorstellung, eine relativ klare, und eigentlich passiert dann folgendes: schon bei den ersten Leseproben, beim ersten gemeinsamen Lesen mit den Schauspielerin, dass die alle was dazugeben. Aber positiv! Also, dass die alles mehrdimensionaler machen. Die Schauspieler, und das kann man für alle in dem Film sagen, bringen noch was hinein, was ich mir gar nicht vorstellen hab können beim Schreiben. Und das selbe gilt auch für die Kameraleute, das heißt, Gott sei Dank ist der Film NICHT so geworden wie ich ihn mir vorgestellt habe, sondern eigentlich ist er besser geworden.
SCHICK: Wie geht denn ein Josef Hader mit Kritik um?
HADER: Also ich bin ja Anfänger. Ich hab´ überhaupt kein Problem, wenn ich jetzt durchwachsene Kritiken bekomm.
SCHICK: Die Sie nicht bekommen werden!
HADER: Naja, es kann schon sein, grad auf der Berlinale, wo ein schärferer Wind pfeift. Aber dadurch, dass ich das Gefühl hab, ich hab mich bemüht, in jeder Phase des Films, wirklich dahinter zu sein, nicht müde zu werden, ich hab sehr viel Zeit für den Schnitt verwendet, für die Fertigstellung und ich hab eigentlich sehr mühelos abgegeben und gesagt „jetzt ist er fertig, besser kann ich´s nicht, da ist er jetzt“. Und deswegen komme ich mit Kritik, hoff ich einmal, ganz gut klar. Mal schauen, ob´s dann so locker ist wie ich´s jetzt sag´.
SCHICK: Die Person, die Sie im Film verkörpern, versucht Selbstmord zu begehen. Haben Sie schon einmal im realen Leben irgendwann daran gedacht, Selbstmord zu begehen?
HADER: Noch nie!
SCHICK: Das ist gut! Gerade in Wien trifft man doch so viele Leute, die dauernd an den Tod denken.
HADER: An den Tod denk ich schon manchmal, aber ich würde ihn ungern herbeiführen (lacht). Also ich hab´ immer Angst in meinem Leben vor Dingen und ich hab auch Angst vorm Tod. Ich hab auch Krisen gehabt, aber an so etwas hätt´ ich nie gedacht.
SCHICK: Sie sind für mich so ein bissl der österreichische Woody Allen. Dieses Intellektuelle, dieser traumhafte Humor, wo es auch immer wieder um das Thema Scheitern geht, diese Selbstreflektion, die mir sehr gut gefällt, wie es eben bei Woody Allen auch der Fall ist.
HADER: Ja, und ich glaub, dass genau das schützt vor wirklicher Depression. Es ist ja, sag ich mal, auch ein genetisches Glück. Aber ich bin nicht so veranlagt, dass ich so völlig in eine Depression verfall, so was kenn´ ich nicht, nicht einmal in den ärgsten Krisen. In den ärgsten Krisen bin ich traurig und vielleicht trink ich dann was und irgendwann werd´ ich ganz selbstmitleidig und irgendwann schau ich mir selbst dabei zu, als wär´ ich in einer Filmszene und irgendwann, glaub ich, genieß´ ich es auch….
SCHICK: Dieses Klischee „Trinken“, das zieht sich ja durch den ganzen Film. Ist es denn wirklich so, dass die Österreicher ihre Probleme am besten mit Alkohol bekämpfen?
HADER: Es ist interessant, dass sie das sagen, weil die meisten Meldungen kommen, dass so viel geraucht wird in dem Film. Und ob das notwendig ist. Und sie sagen, es wird so viel getrunken. Jetzt denk ich nach: stimmt eigentlich. Aber ich glaub das ist sehr realistisch.
SCHICK: SEHR!
HADER: Sehr! Das ist auch so ein bissl der Freiraum des Kinos, den man ausnutzen soll. Dass im Kino die Menschen ja noch rauchen und trinken dürfen, während im Fernsehen die Redakteure sagen, das ist ganz schlecht, da sind wir ein schlechtes Vorbild. Fernsehfilme werden da schon so ein bissl beschnitten, wie in Amerika. Aber im Kino haben wir noch die Freiheit, dass wir die legalen Drogen zeigen dürfen.
SCHICK: Meine letzte Frage: Das Ende war für mich sehr offen, ich mag grundsätzlich offene Enden, nicht diese typischen „Hollywood-Happy-Endings“. Für mich schien es aber fast eine Spur „unfertig“, aber das ist vielleicht mein eigenes Unvermögen, da jetzt noch mehr hineinzudenken.
HADER: Na, es ist eine Gratwanderung. Sie kann, glaub ich, nicht für jede und jeden hinkommen, weil das Problem ist: es ist eine Tragik-Komödie, die relativ realistisch ist. Und jetzt hab ich halt versucht eine Balance zu finden zwischen dem, dass es kein zuckerlrosarotes Happy End sein darf, weil das würde wirklich nicht passen und gleichzeitig wollt´ ich auch nicht diesen ganz offenen Arthaus Schluss, wo ich als Zuschauer selbst oft verärgert bin im Kino, weil ich das Gefühl hab, da werden Leute gezahlt dafür, dass sie einen Film machen und dann soll ich mir überlegen, wie´s ausgeht. Das mag ich nicht. Ich hab versucht so eine Balance zu finden von einem realistischen Ende. Wo man sich als Zuschauer denkt, das ist in Ordnung so. Das ist so in Schwebe. Für manche Menschen haut es total hin, die sagen ich find´ das Ende großartig“. Andere sagen „es ist mir eine Spur zu offen“….das ist fast ein bissl eine Geschmacksache.
SCHICK: Die Freiheit des Films quasi.
HADER: Ich gebe zu, ich hab schon Angst gehabt ein zu hübsches Ende zu haben, daher wollt ich´s schon eine Spur offen lassen. Emotional ist es in gewisser Weise befriedigend, weil Menschen, die den ganzen Film über nie gescheit miteinander geredet haben und jetzt voll zum Streiten anfangen, da hab ich mir gedacht, das ist eine Art von Wärme.
SCHICK: Obwohl Sie nackt waren.
HADER: Ja….(lacht)
SCHICK: Gibt´s noch eine Frage, die sie sich, als Josef Hader, selber bei einem Interview schon immer gerne gestellt hätten?
HADER: Ja, das ist so schwer. Ich frag mich ja selber sehr wenig, ich versuch mich privat eher nicht so viel zu fragen, weil ich gern verdräng´ wahrscheinlich und weil ich privat gar nicht so reflektiert bin, mehr so dahin tu und mir gleichzeitig auch eine gewisse Unbefangenheit als Künstler behalten möchte. Das heißt, ich frag mich zum Beispiel nie „Wie machst du das?“ Aber vielleicht ist das nur eine Ausrede für meine Bequemlichkeit. Ich bin reflektierter wenn ich was schreibe und wenn ich nichts schreib´ bin ich wieder unreflektiert.
SCHICK: Aber so eine Frage, die sie komplett aus dem Konzept bringen könnte?
HADER: (überlegt lange) Ähm, „Warum hören´s ned endlich auf mit Kabarett? Weil ihnen nichts einfällt in dem Bereich, warum spielen sie ewig, immer dasselbe Programm. Brauchen sie das Geld so dringend?“ Sowas vielleicht!?
SCHICK: Aber die Frage kam nie, und ich werde sie auch nicht fragen!
HADER: Aber ich kann sie beantworten! Weil ich einfach gern auf der Bühne bin. Und weil ich auch ein neues Programm machen will, aber wegen des Films lang keines gemacht hab. Und weil das für mich der Ur-Beruf ist, weil es Unabhängigkeit für mich bedeutet. Das schöne beim Kabarett ist, ich kann heute hier eine Idee hinschreiben und am Abend im Stadtsaal ist es auf der Bühne. Es kostet keinen Groschen, ich brauch nirgendwo eine Förderung, ich bin völlig unabhängig. Das ist das Schöne am Kabarett. Ich kann genauso eine Geschichte erzählen wie bei einem Film, nur ohne Geld.
SCHICK: Vielen herzlichen Dank für das Interview, Herr Hader und viel Erfolg in Berlin!
HADER: Ja, schau ma. Ich bin recht entspannt.
WILDE MAUS
Österreich Premiere: 16.02.2017
Kinostart: 17.2.2017
Drehbuch
Josef Hader
Regie
Josef Hader
Kamera
Andreas Thalhammer, Xiaosu Han
Schnitt
Monika Willi
Ton
Hjalti Bager Jonathansson
Kostümbild
Max Wohlkönig
Szenenbild
Christoph Kanter
Besetzung
Josef Hader (Georg), Pia Hierzegger (Johanna), Jörg Hartmann (Waller), Denis Moschitto (Sebastian), Georg Friedrich (Erich), Nora von Waldstätten (Redakteurin Fitz)
WIR VERLOSEN
6×2 Karten für Josef Haders neuen Film „WILDE MAUS“!
Füllt uns das Gewinnspielformular bis 17. Februar 2017
mit dem Betreff „Wilde Maus“ aus und erfüllt die Teilnahmebedingungen!
Die Gewinner werden telefonisch oder per Facebook-Nachricht verständigt!
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(Produktion & Koordination: Suzan Aytekin
Interview & Redaktion: