ARSEN & SPITZENHÄUBCHEN: Ein Dutzend Leichen im Keller
Zum 75. Geburtstag von Doyenne Marianne Nentwich gab es in den Kammerspielen der Josefstadt nun den Kultklassiker „Arsen und Spitzenhäubchen“ als vorerst letzte Premiere der Spielsaison.
Auf ungefähr vier Liter Holunderwein
nehme ich einen Teelöffel
Arsen, einen halben Teelöffel
Strychnin und eine Prise
Zyankali.
Martha
Der mit viel schwarzem Humor angereicherte Filmklassiker „Arsenic and old Lace“, zu Deutsch „Arsen und Spitzenhäubchen“, basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Joseph Kesselring und wurde in der Folge vom Drehbuchautor Julius J. Epstein adaptiert. Was Cary Grant einst als verdutzt guckenden Mortimer Brewster in die Filmgeschichte eingehen ließ, wurde nun durchaus filmisch auf die Bühne der Kammerspiele der Josefstadt gebracht.
Martin Niedermair spielt darin gekonnt den schrulligen („Josefstadt“)-Theaterkritiker Mortimer Brewster. Kurz nach seiner Verlobung mit Pastorentochter Elaine Harper (erfrischend selbstbewusst: Salka Weber) muss er feststellen, dass seine beiden Tantchen, zwei äußerst liebenswerte alte Damen aus Brooklyn, im wahrsten Sinne des Wortes einige Leichen, genauer gesagt ganze 12, im Keller haben. Martin Niedermair spielt den Mortimer mit einer Leichtigkeit, wenngleich man ihn auch aufgrund seiner schlechten Perücke bemitleidet. Spätestens im zweiten Teil ist jeglicher Vergleich zu Film-Vorbild Cary Grant vergessen.
Abby und Martha Brewster morden jedoch aus purem Mitleid heraus, nämlich um ihre alten und einsamen Altersgenossen vor dem Elend der totalen Vereinsamung zu bewahren und sie so näher zu Gott zu bringen. Dazu mischen sie liebevoll eine Tinktur aus Gift (Arsen, Strychnin & Zyankali) und Hollunderwein. Zur Beseitigung der Leichen instrumentalisieren sie dabei Mortimers persönlichkeitsgestörten Bruder Teddy, der der festen Überzeugung ist, er wäre Teddy Roosevelt. Die Tanten lassen den ahnungslosen Teddy zu dessen Begeisterung zahlreiche Schleusen im „Panama Kanal“ (=Keller) graben, um dort die sogenannten Opfer des Gelbfiebers zu begraben.
Um dem ganzen einen noch humorvolleren Touch zu geben, lässt Regisseur Fabian Alder den komikversierten Alexander Pschill in Chaplin-Manier über die Bühne sausen. Pschill gehört sicher zu den Highlights des Abends, wenn man ihm auch den Brewster-Wahnsinn nicht zu hundert Prozent abnehmen kann. Etwas steif aber dennoch stimmig gibt Markus Kofler den Karloff´schen Frankenstein-Bruder Jonathan. Beinahe glaubt man, Nicholas Cage vor sich zu haben.
(Lustig am Rande: Im einstigen Broadway Bühnenstück spielte Boris Karloff die Rolle des Jonathan Brewster!)
Das Bühnenbild von Nikolaus Frinke lässt viel Spielraum für filmisch umgesetzte Schattenspiele, die amüsant an Nosferatu´s „Symphonie des Grauens“ erinnern.
Passend dazu das, neben Niedermair und Pschill, nächste Highlight des Abends: Ljubisa „Lupo“ Grujcic als schlafdefizitärer Dr. Einstein. Einst von Peter Lorre im Film verkörpert, nimmt man Lupo Grujčić die leicht amourös-ängstliche Abhängigkeit zu Jonathan Brewster durchaus ab, versteht seine daraus resultierende Dauermüdigkeit und ist gerührt von seiner immer wieder kurz aufblitzenden Menschlichkeit.
Plakativ dümmlich und erfrischend lustig agieren die zwei Polizisten Patrick Seletzky und Oliver Rosskopf, die den langgesuchten Serientäter Jonathan erst mit Hilfe ihres Vorgesetzten, Lt. Rooney, im Hause der Brewsters fangen können. Großartig auch der Auftritt hier von Alexander Strobele. Eine der wohl besten Szenen des Abends ist wohl jene, als Martin Niedermair alias Mortimer gefesselt an einen Arzt-Stuhl erst seinem Karloff-Bruder und später den „Erzählkünsten“ des so bühnenaffinen Polizisten O´Hara´s (köstlich: Oliver Huether) ausgeliefert ist. Marianne Nentwich und Elfriede Schüsseleder hätten gerne noch eine Spur verwegener spielen dürfen. Dennoch hat man den beiden die schrulligen und dennoch liebenswerten Damen abgenommen.
Die auf einer wahren Tatsache beruhenden Geschichte, nämlich den „Amy Archer-Gilligan“ zugeschriebenen Morde, bringt mit dieser Aufführung einen launischen, wenn auch nicht immer kurzweiligen Abend auf die Bühne. Vor allem der erste Teil macht Lust auf einen Spritz-Hollunderwein in der Pause. Der zweite Teil entschädigt dafür umso mehr und brachte wohl auch noch die letzten Zweifler (und Theaterkritiker) zum Lachen.
Anschließend an die viel bejubelte Vorstellung wurde Josefstadt-Doyenne Marianne Nentwich von Vorstand Günter Rhomberg (eine Spur zu leise!) und mit Standing Ovations zum 75er gratuliert und ein von Direktor Herbert Föttinger herzlich verfasster Brief verlesen. Dieser weilte zu dem Zeitpunkt leider arbeitstechnisch in München.
FAZIT: Erfrischend spritzig gespieltes Boulevardtheater mit großartiger Besetzung.
BESETZUNG
ABBY BREWSTER – Marianne Nentwich
MARTHA BREWSTER – Elfriede Schüsseleder
MORTIMER BREWSTER – Martin Niedermair
TEDDY „ROOSEVELT“ BREWSTER – Alexander Pschill
JONATHAN BREWSTER – Markus Kofler
ELAINE HARPER – Salka Weber
DR. HARPER, Pastor – Félix Kama
DR.EINSTEIN – Ljubisa „Lupo“ Grujcic
O´HARA, Polizist – Oliver Huether
LT. ROONEY – Alexander Strobele
MR. WITHERSPOON – Christian Futterknecht
KLEIN, Polizist – Oliver Rosskopf
BROPHY, Polizist – Patrick Seletzky
REGIE
Fabian Alder
BÜHNENBILD
Nikolaus Frinke
KOSTÜME
Julia Schnittger
DRAMATURGIE
Matthias Asboth
KAMMERSPIELE
Rotenturmstraße 20
1010 Wien
WEBSEITE: www.josefstadt.org
FACEBOOK: www.facebook.com/TheaterinderJosefstadt
(ABGELAUFEN)
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