SCHiCK IM INTERVIEW MIT YURY REVICH
Der 24-jährige Yury Revich zählt zu den ausdrucksstärksten Violinisten seiner Generation. Mit seinen jungen Jahren wurde er bereits mit dem begehrten International Classical Music Award als Young Artist of the Year ausgezeichnet, hat vor einem Jahr das vielfältige Wiener Konzertangebot mit seiner erfolgreichen Konzertserie Friday Nights with Yury Revich vergrößert und bekam vor wenigen Wochen mit der Stradivari „Princess Aurora“ ein Meisterinstrument überreicht.
Man kann daher sagen, es läuft ausgesprochen gut für den jungen Ausnahmekünstler. Aus diesem Grund hat sich das SCHiCK-Magazin mit dem temperamentvollen Russen an einem besonderen Ort in Wien – umgeben von wertvollen Instrumenten berühmter Musiker und Komponisten – in der Sammlung alter Musikinstrumente in der Hofburg getroffen:
SCHiCK: Bereits im Alter von sechs Jahren hast Du begonnen, Violine zu spielen. Wie hast Du den Zugang dazu gefunden?
Yury: Für mich war es klar, dass ich Geige spielen werde – mittlerweile in der vierten Generation, so spielen mein Vater, mein Großvater und mein Urgroßvater dieses Streichinstrument. Und ich habe dann im Alter von 5 Jahren selbst damit angefangen.
SCHiCK: Du hast für Dein junges Alter bereits in vielen bedeutenden Häusern der Welt gespielt, wie in der Carnegie Hall, Mailänder Scala oder im Wiener Musikverein. Ist jede Bühne ein anderes Erlebnis?
Yury: Sicherlich ist jede Bühne, auf der man spielt und steht, anders, aber besonders das Publikum ist dafür verantwortlich, mit welcher Atmosphäre der Saal belebt wird. Schlussendlich ist es egal, ob man auf einer Bühne in einem Dorf oder auf den Brettern der Welt spielt, wichtig ist, welchem Publikum man gegenüber steht und wie von ihnen die Interpretation und Musik aufgenommen wird.
SCHiCK: Ein großes Thema für alle Künstlerinnen und Künstler, die sich solistisch auf der Bühne präsentieren, während sich die volle Aufmerksamkeit des Publikums auf sie richtet, ist das Lampenfieber – wie gehst Du damit um?
Yury: Als ich jung war, hatte ich nie Angst oder Lampenfieber empfunden, egal wo und was ich gespielt habe. Mit den Jahren, wenn man dann älter wird, erhält man auch mehr Verantwortung, indem man sich präsentiert – so verspüre ich vor den Konzerten meist nur eine Nervosität, aber Lampenfieber auf der Bühne selbst nicht, sobald ich auf der Bühne bin, vor dem Publikum stehe und in der Musik bin, ist die Anspannung weg. Man muss damit auch umgehen können und trotz Nervosität immer 100% geben, das ist eine große Herausforderung für jeden Künstler.
SCHiCK: Du gehörst zu den jüngsten Musikprofessoren Europas: Ist Dir Musikvermittlung ein Anliegen, und gehört es grundsätzlich zur Passion jedes Künstlers, Musik an die nächste Generation weiter zu geben – schließlich wird ja oft gesagt, dass das Publikum der „klassischen Musik“ aussterben wird?
Yury: Ja, ich bin schon ziemlich jung für einen Professor und beginne nun im Herbst meine Professur an der Wiener Musikakademie, und in Spanien bin ich bereits seit einem Jahr tätig. Ich persönlich finde es unhöflich zu sagen, dass das Publikum der klassischen Musik aussterben wird, nur weil die Haare des Publikums überwiegend weiß sind, das ist halt nun mal so. Was wir aber machen müssen, ist, die Kinder bereits im frühen Alter an die klassische Musik heranzuführen. Aus diesem Grund versuchen wir auch mit offenen Konzertformaten (Friday Nights with Yury Revich, Anm. d. Red.) und neuen Ansätzen, bereits jetzt ein jüngeres Publikum dafür zu begeistern.
SCHiCK: Das Musikbusiness ist bekanntlich nicht einfach, wie gehst Du mit Konkurrenzdruck um?
Yury: Eine Konkurrenz ist, wie auch im üblichen Show-Business, gegenwärtig und gehört daher einfach zu diesem Job dazu. Das Repertoire ist auch nicht groß genug, um etwas Eigenes zu machen und sich so von anderen abzuheben, insbesondere im klassischen Bereich, es sei, man komponiert selbst Werke. Aber wenn du deine Individualität und deinen eigenen Stil entwickelst, der dann auch noch gefällt, dann spielt man vielleicht ein Brahms-Violinkonzert besser als viele andere Kollegen. Schlussendlich ist es aber auch eine Geschmacksache des Publikums, und dieses entscheidet über den Erfolg eines jeden Künstlers.
SCHiCK: Du hast die Konzertreihe Friday Nights mit Yury Revich ins Leben gerufen. Was unterscheidet dieses Konzertformat von anderen, und was kann das Publikum dort erleben?
Yury: Wir sind ein kleines Team und die Konzertreihe befindet sich nun bereits im zweiten Jahr. Das Tolle daran ist, dass es nicht nur Musik, sondern Theater, Lesungen, Mode, Tanz, Live-Malerei zu erleben gibt und der klassischen Musik gegenübergestellt wird. Damit haben wir die Möglichkeit, ein viel größeres Publikum anzusprechen. Es freut mich besonders, dass ich so viele tolle Leute und Künstler dazu gewinnen konnte, weil ihnen einfach das Konzept so gut gefällt. Es ist wirklich ein Besuch wert!
SCHiCK: Wir befinden uns hier in der Musikinstrumentensammlung umgeben von besonderen historischen Instrumenten. Vor kurzem wurde Dir die Stradivari-Geige „Princess Aurora“ übergeben. Was ist das Besondere an einem historischen Instrument?
Yury: Vor der Stradivari besaß ich eine Balestrieri von 1783, auch ein wunderschönes Instrument. Doch es gibt schon klangliche Unterschiede, so sind beispielsweise die Stradivari-Geigen nicht alle hervorragend, kosten aber dennoch sehr viel, je nach Zustand des Instruments. Natürlich gibt es auch sehr gute neue und zeitgenössische Geigen, doch gerade bei meiner Violine verhält es sich wie bei einem alten Wein, mit einem besonderen Ton und Geschmack. Ich bin sehr glücklich mit meiner „Princess Aurora“, denn wie bei Harry Potters „Magic Stick“ habe nicht ich das Instrument ausgesucht, sondern das Instrument hat mich auserwählt – wir haben schon eine besondere gemeinsame Sprache.
SCHiCK: Wie sieht Dein Alltag aus, wie viele Stunden wird geübt und wie oft bist Du auf Reisen?
Yury: Ich übe zwischen 0 und 7 Stunden täglich, aber es kann auch schon mal vorkommen, dass keine Zeit zum Üben ist. Nebenbei schreibe ich sehr gerne und befasse mich auch mit dem Medium Film; so freue ich mich auch, wenn wir es schaffen, das ein oder andere Konzert selbst aufzuzeichnen und daraus einen schönen Film zu machen. Zudem bin ich bestimmt die Hälfte des Jahres unterwegs und auf Konzert-Reisen, das anstrengend werden kann.
SCHiCK: Wo sieht sich Yury Revich in 10 Jahren?
Yury: Ich würde sagen, dass ich in 10 Jahren genau das mache, was ich jetzt mache. Vielleicht entwickle ich auch meine Interessen wie Filmen und Schreiben noch etwas weiter. Interessant wäre auch, noch mehr mit anderen Musikgenres und -stilen zu arbeiten, immer wieder Neues auszuprobieren, sich neu zu erfinden und sich auch im künstlerischen Schaffen stetig weiterzuentwickeln. Und vielleicht werde ich dann zum Artist of the Year gekürt (*schmunzel*).
SCHiCKEN DANK: Bei Yury Revich für das interessante Gespräch – wir wünschen ihm für seine weitere Karriere viel Erfolg. Ebenso bedanken wir uns beim KHM Kunsthistorischen Museum Wien für die Zurverfügungstellung der Interview-Location in ihrer Sammlung alter Musikinstrumente in der Hofburg.
KÜNSTLER-WEBSITE: www.yuryrevich.com
YURY REVICH @fb: www.facebook.com/yury.revich
LOCATION-WEBSITE: www.khm.at/sammlung-alter-musikinstrumente