Das Wiener Staatsballett präsentiert Don Quixote
Zeitgerecht zum 400. Todestag des spanischen Nationaldichters Miguel de Cervantes hat das Wiener Staatsballett ihre Pforten für die umjubelte Produktion von Nurejews „Don Quixote“ wieder geöffnet. In der Wiederaufnahme tanzten Kiyoka Hashimoto die Kitri, Davide Dato den Basil, Eno Peci den Espada, Gala Jovanovic die Straßentänzerin, Kamil Pavelka den Don Quixote, Prisca Zeisel die Königin der Dryaden und Natascha Mair den Amor. SCHiCK hat sich das atemberaubende Schauspiel zu Gemüte geführt.
Der Prolog der Geschichte beginnt im Hause von Don Quixote, einem Landedelmann, der sich aufgrund seiner Leidenschaft für Abenteuerromane für einen tapferen Ritter hält. Die Heldin dieser Erzählungen ist stets Dulcinea, die ihm als seine Auserwählte immer wieder in seinen Träumen erscheint. Um ihm seine Hirngespinste auszutreiben, versuchen seine Diener, seine Bücher zu verbrennen, jedoch ohne Erfolg. Sein Nachbar Sancho Pansa stört seine Träume, verfolgt von Dienerinnen, denen er ein Huhn gestohlen hat. Don Quixote macht daraufhin Sancho zu seinem ritterlichen Begleiter, und zusammen brechen sie auf, die Welt zu erobern.
Im ersten Akt, ist ein reger, großer Markt in Barcelona zu sehen. Die wunderschöne und gewitzte Kitri, die Tochter des Schankwirts Lorenzo, liebt Basil, der sein Geld als Barbier verdient. Mit Eifersüchteleien versuchen beide, die Aufmerksamkeit des anderen auf sich zu ziehen, Basil mit seiner Gitarre und Kitri mit ihrem Fächer und sogar mit Kastagnetten an den Händen im halsbrecherischen Tanztempo. Ihr fideler Tanz wird von Lorenzo unterbrochen, der den Geliebten als zukünftigen Schwiegersohn nicht akzeptiert, da er Kitri mit dem spießigen und langweiligen, jedoch adeligen Gamache verheiraten möchte. Kitri weist diesen jedoch energisch ab. Don Quixote und Sancho Pansa erreichen die Schenke und beenden mit ihrer Ankunft vorerst ihren Disput. Lorenzo lädt ihn als Dank in seine Herberge ein. Sancho Pansa, der mit seinen Avancen zu weit geht bei den anwesenden Damen, wird von mehreren Burschen attackiert, bis ihm Don Quixote schließlich zu Hilfe eilt. Galant bietet er seinen Arm zu einem Menuett und macht Gamache wütend. In diesem Durcheinander nutzen Kitri und Basil die Gelegenheit, um zu flüchten.
Im zweiten Akt finden die zwei Geliebten Zuflucht in einer Windmühle, der sich als Zigeunerlager entpuppt. Bevor sich das Liebespaar zum Schlafen hinlegt, legen sie noch ein Duett der Sonderklasse hin. Am Morgen werden sie von Zigeunern überrascht, die sie ausrauben wollen. Mit der Ankunft von Lorenzo und Gamache, bezahlt Kitri rasch mit einem Ohrring, um bei ihnen mit einem anderen Gewand unterzutauchen. Die Zigeuner merken jedoch sehr schnell, dass die beiden arm sind und versprechen sich eine größere Beute bei Lorenzo und Gamache. In der Zwischenzeit erreichen auch Don Quixote und Sancho Pansa das Lager. Die Zigeuner werden zu Komplizen der Verliebten und versuchen, Don Quixote gegen Lorenzo und Gamache aufzustacheln. Rasch wird ein Puppentheater aufgebaut, wo sie die tragische Liebesbeziehung zwischen Kitri und Basil szenisch darstellen. Von dem Schauspiel mitgerissen, will Don Quixote den Verliebten zu Hilfe eilen und zerstört das Theater mit seinem Schwert.
Erneut gelingt Kitri und Basil die Flucht. Die Bühne ist leer nur Don Quixote steht alleine vor der Windmühle. Als Gespenster verkleidet, versuchen die Zigeuner dem Ritter einen Schrecken einzujagen. In dem Glauben, mit einem gigantischen Feind konfrontiert zu sein, greift er an, wird aber von den Flügeln fortgerissen und zu Boden geworfen. In der zweiten Szene dieses Aktes liegt Don Quixote verwundet und halb in Trance auf dem Boden und träumt, dass er aufgrund seines Mutes in einen Zaubergarten gelangt sei. Im Traum erscheinen ihm die Weingöttinnen (Myriaden) und ihre Königin Dulcinea, die eine atemberaubende Variation hinlegt. Auch Kitri und der Liebesbote Amor sind Teil des Gefolges. Jedoch entschwindet der Traum langsam und Don Quixote kommt wieder zur Besinnung.
Im dritten Akt sind Kitri und Basil in einer Taverne, zurück im Dorf. Schon folgen ihnen wieder Lorenzo, Gamache, Don Quixote und Sancho Pansa. Verzweifelt von der Sturheit des Vaters täuscht Basil einen Selbstmord vor und Kitri fleht den Ritter um Hilfe an. Dieser zwingt Lorenzo, Kitri mit dem „Sterbenden“ zu vereinigen. Kaum jedoch hat der Vater seinen Segen gegeben, erhebt sich Basil fröhlich. Gamache, empört über diesen Verrat, fordert Don Quixote zum Duell heraus und wird dabei besiegt, wobei er dabei seine Haare lässt. In der nächsten Szene feiern die zwei Geliebten ausgelassen ihre Hochzeit mit einem unglaublich gelungenen Hochzeits-Pas-de-deux. Die Mischung aus technischem Anspruch und spanischen Charakterposen macht wohl den Reiz dieses Pas de deux aus. In die Coda sind 32 fouettés en tournant der Tänzer eingefügt, deren Artistik die Solistin noch durch Verwendung ihres Fächers, verschiedene Armhaltungen oder mehrfache Drehungen steigert. Schon alleine beim Ansehen wird Zuschauer schwindelig. Zu guter Letzt brechen Don Quixote und sein Diener zu neuen Abenteuern auf und der Vorhang schließt sich.
Die Imitationen von spanischen Tanzstilen und der Charaktertanz sind nicht zu übersehen. Posen und Bewegungen, die dem Flamenco oder anderen spanischen Volkstänzen ähnlich sind gehören genauso zum Bühnenbild, wie die Kostüme, die auf die Herkunft der Geschichte schließen lassen. Typisch sind auch Posen mit auf der Taille eingestützer Hand oder gestreckten Armen (die Arme werden im klassischen Ballett normalerweise leicht gebeugt). Was Zuschauer auch beobachten kann, ist die Körperhaltung im La Faraona-Stil aus dem Flamenco. Dabei sind Kopf- und Beinhaltung im Profil, während der Oberkörper zum Publikum gedreht wird. Ein Highlight sind sicherlich auch die zahlreichen Spitzentänze (en pointes) der weiblichen Tänzerinnen, allen voran von der hübschen Japanerin Kyoka Hashimoto und der hochtalentierten Gala Jovanovic. Dazu kommen die hohen Sprünge und zahlreichen Pirouetten von Eno Peci als Espada und Davide Dato. Der aus Italien stammende Tänzer begeisterte an diesem Abend in seiner Rolle als Basil und wurde vom Publikum umjubelt und mit minutenlangen Standing Ovations bedacht. Genau aufgrund dieses atemberaubenden Engagements hat der Direktor des Wiener Staatsballetts Manuel Legris am 26.Mai 2016, im Anschluss an die Vorstellung von Don Quixote Davide Dato zum Ersten Solotänzer der Compagnie ernannt.
Alles in allem eine unglaublich schöne und perfekte Inszenierung unter dem großartigen Dirigenten Kevin Rhodes. Die zahlreichen Details auf der Bühne laden Gast dazu ein, bei jeder Vorstellung immer wieder Neues zu entdecken. Wer sich selber von diesem erfolgsgekrönten Ballett überzeugen möchte, der sollte sich beeilen, denn die Aufführungen sind heißbegehrt. Wer es nicht mehr in die Oper schaffen sollte, der kann die Alternative im Freien wählen. Die Vorstellungen am 28. Mai sowie am 5. Juni werden im Rahmen von „Oper live am Platz“ live auf dem Herbert von Karajan-Platz übertragen. Weitere Details unter der Homepage der Staatsoper nachzulesen:
TERMINE
28. Mai. 2016 | 19:00 Uhr
31. Mai. 2016 | 19:00 Uhr
05. Juni. 2016 | 19:00 Uhr
WIENER STAATSOPER
Opernring 2
1010 Wien