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Vergangenes Wochenende feierte der „Tarantino der Bühnenklassiker“, Gernot Plass, mit seinem zeitgeistigen Käthchen-Stoff im Wiener TAG Premiere.

„Weh mir, ein Geist!“, und wer war eigentlich Kleist? Mit heutigen Augen betrachtet, mag der deutsche Dramatiker Heinrich von Kleist wohl ein abtrünnig selbstzerstörerischer Grenzgänger gewesen sein. Eine Art „Borderline“- Dramatiker seiner Zeit. Ein romantisch verklärter Gefühlsextremist, der stets vor der inneren Leere flüchtete und letzten Endes sich und seine Frau erschoss. Sein „Prosac“ war demnach die Schreiberei. Einer, der mittels der Dramatik wohl der „Entzauberung“ des Alltags zu entfliehen hoffte. Jener, dessen unverwechselbarer Stil so viele große Dramatiker nach ihm beeinflusst hat. Setzte die Aufklärung doch der Romantik ein allzu jähes Ende. Rettung suchte man vereinzelt in der Welt von Zauber und Magie. So auch im Käthchen-Stoff.

Da geht es um prophezeiende Träume, die den jungen Adeligen, Friedrich Wetter Graf vom Strahl (glaubhaft: Raphael Nicholas), wie auch das bürgerliche Käthchen, Tochter eines Waffenschmids, seit der Silvesternacht verfolgen. Da geht es um Engel, die schicksalsträchtig handeln. Und um eine perfid illustre Gesellschaft rund um den Grafen Strahl. VOM Strahl wie er betonen mag. „Emergency Room“ trifft „Dr. House“, zumindest was den Beginn des Stückes anbelangt. Und gleitet dennoch promt und zügig in eine Art „Reservoir Dogs“-Szenerie. Die schnellen, humorvollen Dialoge der stets aufmerksamen Schauspieler werden von Lachern unterstrichen. Das Ganze bekommt schlagartig einen humorigen „Sitcom-Charakter“. Kein spröder Klassiker, den ich mir zuvor am Buffet mit einem Kübel Spritzer erträglich machen wollte.

Überzeugende Schauspieler im lässigen Mafia-Look (wunderbar komisch: Jens Claßen, George Schubert, Sven Kaschte und Alexander Braunshör, die sich einen Schlagabtausch zahlreicher Nebenrollen geben).  Und so erscheint das vielbesagte Käthchen (facettenreich: Nancy Mensah-Offei), rein, unberührt und schwarz, vor dem „Obersten Gericht“. Ein schwarzes Käthchen, welches so unschuldig und rein wirkt, als wäre es schneeweiß-gewaschen. Die Bühne von Alexandra Burgstaller ermöglicht den Akteuren ein abwechslungsreiches Spiel. Da verwandelt sich zum Beispiel die anfängliche karge Leichenhalle/Notaufnahme in ein filmisch angehauchtes Bandengericht und weiter in ein schäbig schwäbisches Motel-Zimmer, und weiter in ein Luxusschloss (mit Go-Go-Stange!). Besonders komisch der Auftritt von Kunigunde (köstlich körperlich flexibel: Elisabeth Veith).

Ein Kunstgeschöpf mit sexy Haar und Kurven. Diabolisch schön verführerisch und intrigant. Das moderne Ritterspiel erreicht aber spätestens bei Inbrandsetzung von Kunigundes Burg durch den wütend eifersüchtigen Rheingrafen die Dynamik eines Peter Alexander Klassikers.

Zwei sich bekämpfende Lager und mittendrinn ein unschuldiges Mädchen, -Käthchen, welches Dank eines himmlischen Cherub (sind nicht die Cherubim eigentlich die höchste Form der Engel?) nur knapp dem Flammentod entgeht. Schließlich erkennt auch der psychisch wie physisch höchst mitgenommene Graf vom Strahl unter dem Hollerbusch die Liebe zu seinem ihm hündchenhaft folgenden Käthchen. Und weil das nicht schon Happy End genug wäre, bekennt der Kaiser auch noch das Käthchen, sein Mädchen als seine Tochter an. So bekommt zuletzt doch noch jeder was er verdient, beziehungsweise was vom Schicksal vorgesehen war. Oder war doch alles nur geträumt? Wir befinden uns wieder in der Notaufnahme, wo soeben der Graf vom Strahl verstorben ist. Zeitpunkt des Todes: 3 Minuten nach Silvester. Danach folgte nur noch tosender Applaus.

Nach der Premiere fand im Haus noch eine kleine, feine Premierenfeier statt. Man traf auch einige bekannte Gesichter, wie den Regisseur Michael Gampe, den Bühnenbildner Walter Vogelweider oder den Schauspieler Max Hoffmann. Die Stimmung war bestens und so wurde bis in die späte Nacht hineingefeiert und über das Stück siniert.

Fazit: Wer Plass kennt weiß, hier ist kein sprödes Sprechtheater zu erwarten. Frei nach Kleist und dennoch popmodern aufbereitet. Wie schon zuvor mit seiner „Faust“ & „Hamlet“-Adaption, erwartet den Zuseher vielmehr ein Sitcom-artig anmutendes Unterhaltungsspiel. Unbedingt ansehen!

(EIN) KÄTHCHEN.TRAUM
oder Der seltsame Fall aus Heilbronn von Gernot Plass, frei nach „Das Käthchen von Heilbronn“ von Heinrich von Kleist

TERMINE
Fr 3., Sa 4., Mo 6., Mi 8., Do 9. + Fr 31. März 2017, 20 Uhr
Sa 1.*, Mo 3., Di 4., Mo 24. + Di 25. April 2017, 20 Uhr
Fr 26., Sa 27. + Mo 29. Mai 2017, 20 Uhr
*Im Anschluss an die Vorstellung am Sa 1. April 2017 findet ein Publikumsgespräch statt.

Es spielen: Raphael Nicholas, Nancy Mensah-Offei, Alexander Braunshör, Jens Claßen, Sven Kaschte, Georg Schubert & Elisabeth Veit

Text und Regie: Gernot Plass Ausstattung: Alexandra Burgstaller Bühnenmalerei: Arno Popotnig Sound: Dr. Plass Chor-Arrangement und Einstudierung: Andrés García Maske: Beate Lentsch-Bayerl Regieassistenz: Renate Vavera Regiehospitanz: Benjamin Seidl Ausstattungshospitanz: Elisabeth Leeb Kostümbetreuung: Daniela Zivic Ton und Projektion: Peter Hirsch Licht: Hans Egger Technik: Frank Fetzer, Andreas Nehr

TAG – Theater an der Gumpendorfer Straße
Gumpendorfer Str. 67
1060 Wien

WEBSITE: ww.dastag.at
FACEBOOK: www.facebook.com/tagtheater

 

(VERLOSUNG ABGELAUFEN)

WIR VERLOSEN
1×2 Tickets für „(Ein) Käthchen.Traum“ im TAG Theater für die Vorstellung am Mo, den 06.03.2017

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mit dem Betreff  „KÄTHCHEN“ AUS

 

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