Seit zweiundzwanzig Jahren findet jährlich das größte Motorradrennen in Europa am Erzberg bei Eisenerz (Steiermark) in Österreich statt. Teilnehmer aus 40 Nationen sind am Start und tragen kräftig am Wirtschaftswachstum der Region bei. Bezwingen kann man den Berg aus Erz nicht, aber wenn man eingeladen wird, ihn zu besuchen, sollte man sich zu hundert Prozent darauf einlassen.
Die Anreise nach Eisenerz gestaltet sich wie in einem „Heidi-Roman“. Grüne Wiesen, ländliche Gegenden, ein einziges Wirtshaus pro Ortschaft, Kühe und Pferde auf den saftigen Weiden, Vogelgezwitscher und Traktoren, die langsam und leise ihre Kreise ziehen. Im Ort Eisenerz biegt man links in die Aufzugstraße ein, und die Welt ist nicht mehr die gleiche. Orange-färbige Staubwolken, dröhnender Motorenlärm, laute Musik und menschliches Gejohle vermischen sich zu einen „Willkommensbrei“, an den man sich erst gewöhnen muss.
Um hautnah dabei zu sein, sind wir mit einem schicken Pferdetransporter entfremdet als Motorhome angereist. Unser Standplatz war erste Reihe fußfrei, um den ganzen Trubel rund um das Erzbergrodeo live miterleben zu können. Die Durchzugsstraße erinnert an ein Gemisch zwischen Mariahilfer Straße und Tangente zur Hauptverkehrszeit. Der Unterschied ist, dass es dort keinen Schaulauf der Eitelkeiten gibt, sondern an den vier Tagen die Passion zum Motorsport gelebt und gezeigt wird. Coole Jungs auf ihren Dirtbikes, die Entourage mit ihren Servicefahrzeugen, weibliche Groupies in bauchfreien Shirts und Gummistiefeln, 45.000 begeisterte Zuschauer in Feierlaune, alle treffen sich friedlich, um in eine andere Welt einzutauchen. Der Geräuschpegel gleicht einer Kleingartensiedlung, bei der jeder Haushalt zum selben Zeitpunkt ihren Husquana Rasenmäher startet und diesen nicht wieder verstummen lässt. Die Stimmung fühlt sich wie auf einem Musikfestival an, bei dem die Stars keine Musiker, sondern abgefahrene tollkühne Jungs auf zwei Rädern sind und ihre Bühne ein mächtiger Berg aus Erz. Um den Berg zu verstehen, muss man ihn erfahren haben.
Wir hatten die Möglichkeit, dies mit einem Guide zu tun, und besichtigten die Wasserleitung, die Badewanne, Carl´s Dinner, Dynamite, alles Streckenabschnitte, die Otto Normalverbraucher nicht mal auf allen Vieren besteigen würde. Spätestens hier wird einem klar, wie durchgeknallt die Fahrer auf ihren Bikes sind, und man versteht auch, warum es von den hunderten Fahrern nur eine Handvoll ins Ziel schafft. „Mut kann man sich nicht kaufen“. Der Ausblick vom Berg ins Tal ist atemberaubend, selten, dass man auf eine so beeindruckende Kulisse trifft. Der Erzberg ist ein unberechenbares Monster, das es versteht zu beeindrucken. Innerhalb von einer halben Stunde erlebt man stechenden Sonnenschein bei knapp dreißig Grad, handballengroße Hagelkörner und Regenfall, der sich innerhalb kürzester Zeit in einen Sturzbach verwandelt bis hin zu einem orkanartigen Sturm. Hier ist man nur Passagier eines Naturschauspieles. Fazit des Erzbergrodeos: Großes Benzinkino, das nichts für schwache Nerven ist. Frauen und Männer, die sich mit ihren Enduro-Gefährten schier unbezwingbaren Prologen stellen. Diese Stimmung muss man erlebt haben, um die Faszination von Motorsport zu begreifen. Unser schickes Team ist nächstes Jahr bei diesem Spektakel auf alle Fälle wieder dabei.
www.erzbergrodeo.at